Dr. Markus Rente
Klar. Kompetent. Professionell.

Stellvertreter des Kaufmanns

Inhaber bzw. Geschäftsführer sind häufig die treibenden Kräfte eines Unternehmens, und das oft auch „selbst und ständig“. Das Unternehmen „am Laufen zu halten“ erzeugt eine gewisse Bindung, denn es gilt, Abläufe zu steuern oder zu überwachen, die keinen Urlaub kennen. Kann jedoch ein kompetenter Stellvertreter eingesetzt werden, so kann in Abwesenheitszeiten die Kontinuität der Abläufe gewahrt werden, oder die Menge anfallender Aufgaben arbeitsteilig bewältigt werden.

Stellvertretung und Vollmachten

Ein Stellvertreter kann zunächst im Innenverhältnis Aufgaben übernehmen oder an ihnen mitwirken, bspw. im Rahmen einer Einarbeitungszeit, zur Entlastung oder schlicht im Rahmen eines 4-Augen-Prinzips.

Soll der Vertreter Außenkontakt für das Unternehmen haben, so stellt sich aus Sicht der Ansprechpartner (z.B. Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner) die Frage, mit welcher Befugnis der Vertreter für das Unternehmen auftritt: Darf er verbindliche Erklärungen abgeben, und falls ja, in welchem Umfang?

Das Handelsgesetzbuch (HGB) stellt dem Kaufmann verschiedene Vollmachtstypen zur Verfügung, zum Beispiel die Prokura (§ 48 HGB) oder die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB), allerdings können auch Vollmachten nach den Regeln des BGB erteilt werden.

Die Prokura ist eine besonders ausgestaltete Vollmacht mit weitereichender Befugnis, wobei die Prokura in das Handelsregister eingetragen wird. Mehr dazu ...

Die Handlungsvollmacht ist eine handelsrechtliche Vertretungsmacht, die den Bevollmächtigten ermächtigt, bestimmte Handlungen und Geschäfte eigenverantwortlich auszuführen. Die Handlungsvollmacht wird dabei in der Regel qualifizierten Mitarbeitern für ihren jeweiligen Bereich erteilt. Dadurch sind sie rechtsgeschäftlich handlungsfähig. Ohne die Handlungsvollmacht müssten die Mitarbeiter den Vertretungsberechtigten (z.B. Geschäftsführer, Vorstand) um Erlaubnis für eine rechtsgeschäftliche Handlung bitten, oder Schriftstücke zur Zeichnung vorlegen. Die Handlungsvollmacht entlastet somit die Führungskräfte und ist ein Funktionselement für einen strukturierten betrieblichen Ablauf zur Aufgabenerfüllung.

Die Generalvollmacht ist eine gemäß § 164 ff. BGB erteilte Vollmacht, durch die Vertretungsmacht für alle Geschäfte erteilt wird, bei denen Stellvertretung zulässig ist. Häufig wird sie in notarieller Form erteilt.

Die verschiedenen Vollmachten haben unterschiedliche rechtliche Eigenschaften, so dass sie entsprechend ihrem Zweck gewählt und ausgestaltet werden sollten:

Beispiel Abwesenheitsvertretung: Soll der Vertreter z.B. im Krankheitsfall umfassend tätig werden können, bspw. auch gegenüber der Bank, in steuerlichen Angelegenheiten, etc.? Oder soll er z.B. für den Urlaubsfall vorübergehend alle Angelegenheiten des Tagesgeschäfts erledigen, während wichtige Termine/Fristen nach dem Urlaub erledigt werden?

Beispiel Arbeitsteilige Delegation: Ein Mitarbeiter ist KeyAccountant für den wichtigsten Kunden des Unternehmens. Soll der Mitarbeiter bspw. rechtsverbindliche Geschäfte mit dem Kunden im Namen des Unternehmens allein abschließen können oder ggf. nur zusammen mit seinem Stellvertreter?

Beispiel Einsatz eines Vertretungs- und Zeichnungsberechtigungssystems: Zwar führen interne Kompetenzen nicht unbedingt zu einer rechtswirksamen Beschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis. Gleichviel kann eine interne Struktur eingesetzt werden, die den Umfang und die Befugnisse festlegt und beschränkt, bspw. in einer Organisationsanweisung (z.B. durch verbindliches Organigramm), und bereits in Arbeitsverträgen bzw. bei Beförderung, so dass interne Zuständigkeiten kohärent gefestigt werden, und Mitarbeiter, die diese überschreiten, ggf. auf Schadensersatz haften können.


Rechtsscheinvollmacht

Überschreiten Mitarbeiter eines Unternehmens eigenmächtig ihre Kompetenzen, so kann dies zu einer Rechtsscheinhaftung des Unternehmens führen:

Eine sog. Duldungsvollmacht liegt vor, der Vertretene wissentlich zulässt (d.h. es duldet), dass Jemand für ihn wie ein Vertreter auftritt, und Dritte nach Treu und Glauben bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt auf die Erteilung einer entsprechenden Vollmacht schließen durften.

Eine sog. Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und wenn so für Dritte der Schein entsteht, der Vertretene dulde und billige das Verhalten des Scheinvertreters. Das kann beispielsweise bei vollmachtloser Verwendung von Firmenstempeln auf Geschäftspapieren der Fall sein.

 

Vertretung ohne Vertretungsmacht

Der rechtliche Umfang einer Vertretungsmacht bestimmt die „Reichweite des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis“.

Treten Irrtümer über Inhalt und Umfang einer Vollmacht auf, so kann es dazu kommen, dass ein Bevollmächtigter seine Vertretungsmacht überschreitet, d.h. dass er ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Dieser Fall kann auch eintreten, wenn Jemand als Vertreter auftritt, obwohl er tatsächlich nicht vertretungsbefugt ist, oder wenn die Vollmacht nicht rechtswirksam erteilt wurde.

In solchen Fällen hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab (§ 177 Abs1. BGB). Genehmigt der vollmachtlos Vertretene nicht, so haftet der vollmachtlos handelnde Vertreter selbst gegenüber dem anderen Vertragsteil, und ist ihm nach seiner Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet (§ 179 BGB).